ISRAEL MUSS IGH-ENTSCHEID NACHKOMMEN UND VÖLKERMORD IN GAZA VERHINDERN

Algerien beruft UN-Sitzung zu IGH-Urteil ein: „Es ist Zeit, Israel zur Verantwortung zu ziehen“

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28 Jan. 2024 13:58 Uhr

Der Internationale Gerichtshof hat Israel in seiner Vorentscheidung dazu verpflichtet, alle Maßnahmen zu ergreifen, um einen Völkermord im Gazastreifen zu verhindern und die öffentliche Aufstachelung dazu einzustellen. Algerien hat eine Sitzung des UN-Sicherheitsrates einberufen, um sicherzustellen, dass Israel die Vorentscheidung des Internationalen Gerichtshofs in der Klage Südafrikas wegen Völkermordes im Gazastreifen umsetzt.

WAFFENLIEFERUNGEN AN ISRAEL UND BEWAFFNETE PALÄSTINENSISCHE GRUPPEN STOPPEN!

25. Januar 2024

16 führende humanitäre und Menschenrechtsorganisationen fordern in einem offenen Aufruf an alle Uno-Mitgliedstaaten, die Krise im Gazastreifen nicht weiter anzuheizen und die Fortsetzung der humanitären Katastrophe sowie den Verlust weiterer ziviler Menschenleben zu verhindern.

Wir, die unterzeichnenden Organisationen, fordern alle Staaten auf, die Lieferung von Waffen, Waffenteilen und Munition an Israel und bewaffnete palästinensische Gruppen unverzüglich einzustellen, solange das Risiko besteht, dass sie eingesetzt werden, um schwere Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht oder die Menschenrechte zu begehen oder solche zu erleichtern.

Israels Bombardierung und Belagerung berauben die Zivilbevölkerung ihrer Lebensgrundlagen und machen den Gazastreifen unbewohnbar. Die Zivilbevölkerung im Gazastreifen ist heute mit einer humanitären Krise in einem nicht dagewesenen Ausmass und Schweregrad konfrontiert.

Darüber hinaus wurden bei von bewaffneten palästinensischen Gruppen geführten Angriffen rund 1200 Menschen getötet und Hunderte israelischer und ausländischer Geiseln, darunter auch Kinder, entführt; mehr als 130 Geiseln werden weiterhin im Gazastreifen gefangen gehalten. Bewaffnete Gruppen im Gazastreifen feuern weiterhin wahllos Raketen auf israelische Bevölkerungszentren ab, unterbrechen die Schule für Kinder, vertreiben Zivilist*innen und bedrohen deren Leben und Wohlergehen. Geiselnahmen und wahllose Angriffe stellen Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht dar und müssen sofort beendet werden.

Humanitäre Organisationen, Menschenrechtsgruppen, Vertreter*innen der Vereinten Nationen und mehr als 153 Mitgliedstaaten haben zu einem sofortigen Waffenstillstand aufgerufen. Israel setzt jedoch weiterhin explosive Waffen und Munition in dicht besiedelten Gebieten ein, was massive humanitäre Folgen für die Menschen in Gaza hat. Die Staats- und Regierungschefs der Welt haben die israelische Regierung aufgefordert, die Zahl der zivilen Opfer zu verringern, doch die israelischen Militäroperationen im Gazastreifen töten weiterhin Menschen in einem noch nie dagewesenen Ausmass, wie der Uno-Generalsekretär kürzlich erklärte. Die Mitgliedstaaten haben eine rechtliche Verpflichtung dazu, alle möglichen Mittel einzusetzen, um einen besseren Schutz der Zivilbevölkerung und die Einhaltung des humanitären Völkerrechts herbeizuführen. Die verbleibende Lebensader des Gazastreifens – die international finanzierte humanitäre Hilfe – ist durch die Intensität der Feindseligkeiten gelähmt. Dazu gehören die Beschiessung von Hilfskonvois, wiederholtes Aussetzen aller Kommunikationskanäle, beschädigte Strassen, Beschränkungen lebenswichtiger Güter, ein fast vollständiges Verbot kommerzieller Lieferungen und ein bürokratisches Verfahren für Hilfslieferungen nach Gaza.

Die israelischen Militäraktivitäten haben einen erheblichen Teil der Wohnhäuser von Gaza, der Schulen, Krankenhäuser, Wasserinfrastruktur, Unterkünfte und Flüchtlingslager im Gazastreifen zerstört. Der wahllose Charakter dieser Bombardierungen und ein Muster von offensichtlich unverhältnismässigen Schäden, die sie der Zivilbevölkerung routinemässig zufügen, sind inakzeptabel. Der Uno-Hochkommissar für Menschenrechte hat vor der «erhöhten Gefahr von Gräueltaten» im Gazastreifen gewarnt und alle Staaten aufgefordert, solche Verbrechen zu verhindern. Seit diesem Aufruf hat sich die humanitäre Krise im Gazastreifen nur weiter verschärft:

Der Gazastreifen ist heutzutage der gefährlichste Ort für Kinder, Journalist*innen und humanitäre Helfer*innen. Krankenhäuser und Schulen sollten niemals zu Schlachtfeldern werden. Diese Bedingungen haben im Gazastreifen zu einer Situation vollständiger Verzweiflung geführt, die führende Vertreter*innen von Hilfsorganisationen zu der Erklärung veranlasst hat, dass die Voraussetzungen für eine sinnvolle humanitäre Hilfe im Gazastreifen nicht mehr gegeben sind. Daran wird sich nichts ändern, solange die Belagerung, die Bombardierung und die Kämpfe nicht aufhören. Die Vereinten Nationen haben den humanitären Zugang im Januar bisher als «erheblich verschlechtert» bezeichnet. Die israelischen Streitkräfte haben wiederholt Hilfskonvois die Erlaubnis verweigert, in die Gebiete nördlich von Wadi Gaza zu gelangen, wo die Menschen am stärksten vom Hunger bedroht sind.

In den letzten Wochen haben hochrangige israelische Beamte begonnen, die Deportation der palästinensischen Zivilbevölkerung aus dem Gazastreifen zu fordern. Die Zwangsumsiedlung innerhalb des Gazastreifens und die Deportation eines Teils der Bevölkerung über die Grenzen hinweg ohne Rückkehrgarantien wäre ein schwerer Verstoss gegen das Völkerrecht und käme einem Gräueltatbestand gleich.

Wir fordern einen sofortigen Waffenstillstand und appellieren an alle Staaten, die Lieferung von Waffen zu stoppen, die zur Begehung von Verstössen gegen das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte verwendet werden können. Der Uno-Sicherheitsrat muss seiner Verantwortung für die Aufrechterhaltung des Weltfriedens und der globalen Sicherheit gerecht werden, indem er Massnahmen ergreift, um mit sofortiger Wirkung Waffentransfers an die israelische Regierung und bewaffnete palästinensische Gruppen zu stoppen und die Lieferung von Waffen zu verhindern, die bei der Begehung internationaler Verbrechen eingesetzt werden könnten.

Alle Staaten haben die Pflicht, Gräueltaten zu verhindern und die Einhaltung von Normen zum Schutz der Zivilbevölkerung zu fördern. Es ist längst überfällig, dass die internationale Gemeinschaft diesen Verpflichtungen nachkommt.

Die Gesamtzahl der getöteten Mitarbeiter*innen von Hilfsorganisationen umfasst Mitarbeiter*innen von Uno-Organisationen, NGOs und des Palästinensischen Roten Halbmonds. Angaben über die Zahl jährlich getöteter Mitarbeiter*innen von Hilfsorganisationen in anderen Zusammenhängen sind in der Datenbank für die Sicherheit humanitärer Helfer*innen zu finden.

UNTERZEICHNET VON

Federation Handicap International – Humanity & Inclusion

War Child Alliance

Christian Aid

Norwegian People’s Aid 

Médecins du Monde International Network

Mennonite Central Committee

medico international

Oxfam 

Center for Civilians in Conflict (CIVIC)

Danish Refugee Council

Save the Children 

Plan International

Norwegian Refugee Council

Diakonia

Amnesty International

American Friends Service Committee (AFSC)

VÖLKERMORD IN GAZA VERHINDERN

IGH-Präsidentin Joan Donoghue (Mitte) kurz vor der Urteilsverkündung am 26. Januar in Den Haag © ANP/AFP via Getty Images
IGH-Präsidentin Joan Donoghue (Mitte) kurz vor der Urteilsverkündung am 26. Januar in Den Haag © ANP/AFP via Getty Images

ISRAEL MUSS IGH-ENTSCHEID NACHKOMMEN UND VÖLKERMORD IN GAZA VERHINDERN

29. Januar 2024

Die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs (IGH), vorläufige Massnahmen im Zusammenhang mit der Völkermordklage Südafrikas gegen Israel anzuordnen, ist ein wichtiger Schritt, der dazu beitragen könnte, die palästinensische Bevölkerung im besetzten Gazastreifen vor weiterem Leid und irreparablen Schaden zu bewahren, so Amnesty International. Weiterhin notwendig ist jedoch ein Waffenstillstand.

Am 29. Dezember 2023 erhob Südafrika beim IGH Klage gegen Israel im Rahmen der Konvention über die Verhütung und Bestrafung von Völkermord. Die Anhörungen zum Antrag Südafrikas auf vorläufige Massnahmen fanden am 11. und 12. Januar 2024 in Den Haag statt.

In dem 84-seitigen Antrag Südafrikas werden Israel Handlungen und Unterlassungen vorgeworfen, die «den Charakter von Völkermord haben, da sie mit der erforderlichen spezifischen Absicht begangen wurden, die Palästinenser*innen im Gazastreifen als Teil der breiteren palästinensischen nationalen und ethnischen Gruppe zu vernichten».

 Staaten müssen Urteil respektieren

In seinem Urteil ordnete der IGH sechs vorläufige Massnahmen an. Dazu zählt die Verpflichtung Israels, Handlungen im Sinne der Völkermordkonvention zu unterlassen, die direkte und öffentliche Aufstachelung zum Völkermord zu verhindern und zu bestrafen sowie sofortige und wirksame Massnahmen zu ergreifen, um die Bereitstellung humanitärer Hilfe für die Zivilbevölkerung in Gaza zu gewährleisten. Das Gericht wies Israel ausserdem an, Beweise für Völkermord zu sichern und dem Gericht innerhalb eines Monats einen Bericht über alle Massnahmen vorzulegen, die es in Übereinstimmung mit seiner Anordnung ergriffen hat.

Die vorläufigen Massnahmen des IGH zeigen, dass nach Ansicht des Gerichts das Überleben der Palästinenser*innen in Gaza gefährdet ist. Die israelische Regierung muss der Entscheidung des IGH unverzüglich nachkommen. Alle Staaten – auch diejenigen, die Südafrikas Einreichung der Völkermordklage kritisch gegenüberstanden oder sich ihr widersetzten – haben die klare Pflicht, dafür zu sorgen, dass diese Massnahmen umgesetzt werden. Die Staats- und Regierungschefs der USA, Grossbritanniens, Deutschlands und anderer EU-Staaten müssen signalisieren, dass sie die rechtsverbindliche Entscheidung des Gerichtshofs respektieren und alles in ihrer Macht Stehende tun, um ihrer Verpflichtung zur Verhinderung von Völkermord nachzukommen. Tun sie dies nicht, wäre dies ein schwerer Schlag für die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in die internationale Rechtsordnung.

Waffenstillstand weiterhin notwendig

Das Urteil des Gerichtshofs ist eine massgebliche Erinnerung an die entscheidende Rolle des Völkerrechts bei der Verhinderung von Völkermord und dem Schutz aller Opfer von Gräueltaten. Sie sendet die klare Botschaft, dass die Welt nicht schweigend zusehen wird.  Die Entscheidung des IGH allein kann jedoch den Gräueltaten und der Verwüstung, die die Menschen im Gazastreifen erleben, kein Ende setzen. Ein sofortiger Waffenstillstand aller Konfliktparteien ist nach wie vor unerlässlich und – auch wenn er nicht vom Gerichtshof angeordnet wurde – die wirksamste Voraussetzung für die Umsetzung der vorläufigen Massnahmen und die Beendigung des beispiellosen Leidens der Zivilbevölkerung.

Mehr als 26’000 Palästinenser*innen, zumeist Zivilist*innen, sind bei Israels Bombardement des Gazastreifens getötet worden, und etwa 10’000 werden unter den Trümmern noch vermisst. Mindestens 1,8 Millionen Palästinenser*innen wurden vertrieben und haben keinen Zugang zu angemessener Nahrung, Wasser, Unterkünften, sanitären Einrichtungen und medizinischer Versorgung.

Amnesty International fordert Israel, die Hamas und andere bewaffnete palästinensische Gruppen auf, alle militärischen Operationen im Gazastreifen sofort einzustellen. Israel muss seine illegale Besatzung aufheben und den ungehinderten und bedingungslosen Zugang zu dringend benötigter humanitärer Hilfe für die Palästinenser*innen ermöglichen, um das menschliche Leid zu verringern. Wir fordern die Hamas und andere bewaffnete palästinensische Gruppen auf, alle verbleibenden zivilen Geiseln freizulassen.

Der Internationale Gerichtshof (IGH)

Der Internationale Gerichtshof ist das wichtigste Rechtsorgan der Vereinten Nationen (UN). Er verfolgt nicht die strafrechtliche Verantwortung einzelner Personen, sondern hat vielmehr die Aufgabe, im Einklang mit dem Völkerrecht Rechtsstreitigkeiten zu schlichten, die ihm von Staaten vorgelegt werden.

Artikel 94 der UN-Charta sieht vor, dass die Urteile des IGH für die Streitparteien verbindlich sind und dass im Falle ihrer Nichtdurchführung der Sicherheitsrat angerufen werden kann, der Empfehlungen aussprechen oder Massnahmen beschliessen kann, die zur Durchsetzung des Urteils zu treffen sind.

Petition Waffenstillstand

Petition Waffenstillstand

Unterzeichnen Sie unsere Petition und drängen Sie bei den Staats- und Regierungschefs darauf, einen sofortigen Waffenstillstand zu fordern und der anhaltenden humanitären Katastrophe in Gaza ein Ende zu setzen.

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