China an der NATO-Ostflanke

China an der NATO-Ostflanke – MSN

Chinesische Soldaten gelandet

Steadfast Defender – das grösste Nato-Manöver seit 1988

10 Juli 2024 12:48 Uhr

Die Achse Moskau–Peking wurde vergangene Woche in anderer Form nach Minsk erweitert, als Weißrussland der Schanghai-Organisation beitrat. Nach Angaben des weißrussischen Verteidigungsministeriums sind am Wochenende Truppen der chinesischen Volksbefreiungsarmee in Weißrussland eingetroffen. Nun zeigt China Präsenz an der NATO-Ostflanke.

Wie das weißrussische Verteidigungsministerium mitteilte, haben Weißrussland und China am Montag mit elftägigen gemeinsamen militärischen Übungen begonnen. Diese finden nur wenige Kilometer von der Grenze zu Polen, einem Mitglied der NATO und der Europäischen Union, entfernt statt.

Die gemeinsamen Übungen finden auf einem Truppenübungsplatz in der Nähe der Stadt Brest an der weißrussisch-polnischen Grenze und etwa 40 Meilen (ca. 64 km) von der Grenze zwischen Minsk und der Ukraine entfernt statt, zu einem Zeitpunkt, an dem der Ukraine-Krieg weiter in Osteuropa tobt.

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Die Beziehungen zwischen Peking und Minsk sind in den letzten Jahren unter dem chinesischen Staatschef Xi Jinping und dem weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko, beide enge Verbündete des russischen Präsidenten Wladimir Putin, immer enger geworden.

Das weißrussische Verteidigungsministerium veröffentlichte eine Reihe von Fotos, die die chinesischen Truppen beim Entladen von Ausrüstung aus einem militärischen Frachtflugzeug zeigen. Die Übung wird bis zum 19. Juli andauern.

Bei den gemeinsamen Anti-Terror-Übungen „Attacking Falcon“ in Weißrussland werden Militärangehörige aus beiden Ländern in bestimmten Phasen als eine Einheit „zusammenarbeiten“, so Generalmajor Vadim Denisenko vom weißrussischen Militär in einem Telegrampost.

 «Das gemeinsame Training hilft, Erfahrungen auszutauschen, die Zusammenarbeit zwischen belarussischen und chinesischen Einheiten zu verbessern und das Fundament für eine weitere Entwicklung der belarussisch-chinesischen Beziehungen auf dem Feld gemeinsamer Truppenausbildung zu legen.»

Das chinesische Verteidigungsministerium teilte am Sonntag mit, dass die Übungen „Geiselrettungsoperationen und Anti-Terror-Einsätze“ umfassen werden. „Das Training zielt darauf ab, den Ausbildungsstand und die Koordinationsfähigkeiten der teilnehmenden Truppen zu verbessern und die praktische Zusammenarbeit zwischen den Armeen beider Länder zu vertiefen“, hieß es weiter.

Am Wochenende führte eine Delegation der Zentralen Militärkommission Chinas ebenfalls Gespräche mit ihren Amtskollegen in Minsk, bei denen beide Seiten „Aussichten für die weißrussisch-chinesische Zusammenarbeit bei der Ausbildung von Militärpersonal“ erörterten und neue Bereiche der Zusammenarbeit skizzierten, wie das weißrussische Verteidigungsministerium mitteilte. Die Achse Moskau–Peking wurde vergangene Woche auch in anderer Form nach Minsk erweitert, als Weißrussland der Schanghai-Organisation beitrat.

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https://de.rt.com/international/211839-china-an-nato-ostflanke-weissrussland/

Wie China Russland die Ostflanke freihält

Moskau und Peking arbeiten in der Rüstung seit Jahren zusammen. Trotz Ängsten vor chinesischem Technologiediebstahl hält Russland am Geschäft fest. Das zahlt sich jetzt beim Ukraine-Krieg aus.

Patrick Zoll20.03.2022,

Das russische Luftabwehrsystem Pantsir ist im Einsatz während einer gemeinsamen Militärübung Russlands und Chinas vom September 2021.
Das russische Luftabwehrsystem Pantsir ist im Einsatz während einer gemeinsamen Militärübung Russlands und Chinas vom September 2021.Li Chun / China News Service / Getty

Nach dem Angriff auf die Ukraine soll Russland China um militärische Hilfe gebeten haben. Das berichten amerikanische Medien wie die «New York Times» mit Berufung auf Quellen in der amerikanischen Regierung. Laut den Amerikanern forderte Moskau unter anderem Drohnen, Flugabwehrsysteme und gepanzerte Fahrzeuge. Ob Peking Unterstützung zugesagt hat, wie in Washington behauptet wird, ist unklar.

Russland und China arbeiten im militärischen Bereich schon lange zusammen. Moskau war seit dem Ende der Sowjetunion der mit Abstand wichtigste Waffenlieferant für Peking; seit 1992 hat die Volksrepublik laut Daten des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri Waffen im Wert von fast 38 Milliarden Dollar aus Russland bezogen. Das sind mehr als drei Viertel aller chinesischen Waffenimporte der letzten dreissig Jahre.

Der Grossteil der chinesischen Waffenimporte kommt aus Russland

Viele Waffensysteme, die China heute selber baut, sind von russischen kopiert oder aus ihnen weiterentwickelt. Andere beinhalten russische Schlüsselkomponenten, Kampfjets etwa russische Triebwerke. Die Rollenverteilung war bisher klar: Russland ist Lieferant, China ist Kunde. Dass Moskau auf einmal Peking um Unterstützung gebeten haben soll, zeigt, wie sich die Beziehung gewandelt hat.

China klaut russische Technologie

China ist nach Indien der zweitgrösste Exportmarkt für russische Waffenproduzenten. Entsprechend wichtig ist das Chinageschäft für diese Unternehmen. Aber es ist auch ein problematisches: Die Chinesen nehmen jedes gelieferte Flugzeug, jedes U-Boot, jedes Flugabwehrsystem auseinander, analysieren es und bauen es nach. Reverse Engineering nennen das die Fachleute.

China ist für Russlands Waffenproduzenten der zweitgrösste Exportmarkt

Die Russen sind sich dessen bewusst. Im Dezember 2019 beklagte sich Rostec, der grosse staatliche Rüstungskonzern, dass in den 17 Jahren davor 500 Fälle von unerlaubten Kopien russischer Waffen entdeckt worden seien, wie die Nachrichtenagentur Tass berichtete.

Jewgeni Liwadny, der Leiter der Abteilung für geistiges Eigentum bei Rostec, beschuldigte China, so ziemlich alles kopiert zu haben, was seine Firma je geliefert habe: Flugzeugtriebwerke, Suchoi-Kampfflugzeuge, Jets für den Einsatz auf Flugzeugträgern, Panzerfäuste, ganze Flugabwehrsysteme.

In der zweiten Hälfte der 2000er Jahre gingen die russischen Waffenexporte nach China aus genau diesem Grund stark zurück. Doch nach der Annexion der Krim und den damit verbundenen Sanktionen setzte Russland wieder verstärkt aufs Chinageschäft. 2015 wurde ein Vertrag über die Lieferung von Su-35-Kampfflugzeugen und dem Flugabwehrsystem S-400 abgeschlossen. Der Gesamtwert beträgt 5 Milliarden Dollar.

Russland versucht den Vorsprung zu wahren

Diese Systeme gehören zu den modernsten im russischen Inventar. Dass Moskau solche Waffen lieferte, deutet darauf hin, wie verzweifelt seine Rüstungsindustrie nach Exportmöglichkeiten suchte. Zuvor hatte man den Chinesen die jeweils modernsten Waffen vorenthalten, um den technologischen Vorsprung zu wahren.

Chinas Waffenschmieden sind mittlerweile auch so weit vorangeschritten, dass Russland nur noch mit den neusten Modellen einen klaren Wettbewerbsvorteil hat. Was China selber in ähnlicher Qualität produzieren kann, importiert es nicht.

Nebst dem Technologiediebstahl hat Russland eine weitere Sorge beim Waffenverkauf an China. Die beiden Länder teilen eine 4200 Kilometer lange Grenze. Heute ist die Situation zwar entspannt, doch das war nicht immer so: 1969 kam es gar zu einem kurzen, nicht deklarierten Krieg zwischen den rivalisierenden kommunistischen Mächten mit Dutzenden von Toten auf beiden Seiten.

In Moskau scheint diese Vergangenheit zumindest im Hinterkopf noch präsent zu sein: Es liefert Peking vorwiegend defensive Waffen wie die bereits genannten Flugabwehrsysteme. Bei Waffen, mit denen China Russland angreifen könnte, hält man sich zurück. Das gilt etwa für strategische Bomber oder Cruise-Missiles, die gegen Landziele eingesetzt werden.

Was Russland auch zu denken geben muss, sind die enormen Summen, die China in sein Militär steckt. 2020 war das chinesische Verteidigungsbudget laut dem Sipri mehr als viermal so gross wie das russische. In den zwanzig Jahren davor hat China sein Budget für die Streitkräfte versechsfacht, in Russland stiegen die entsprechenden Gelder nur um den Faktor drei. China steigert also nicht nur sein Know-how bei der Waffenentwicklung, es setzt dafür auch riesige Finanzmittel ein.

Der Kitt der militärischen Beziehungen zwischen Moskau und Peking ist die gemeinsame Abneigung gegen die Vormachtstellung der Vereinigten Staaten. Der Widerwille ist gross genug, dass die beiden Länder mittlerweile gemeinsam Waffen entwickeln. 2019 sprach der russische Präsident Wladimir Putin davon, dass sein Land gemeinsam mit China ein System zur Frühwarnung vor Raketenangriffen entwickle. Laut russischen Medien arbeiten die beiden Länder auch an einem neuen U-Boot. Details sind aber keine bekannt.

China hält Russland die Ostflanke frei

Seit Mitte der 2000er Jahre führen die Streitkräfte Russlands und Chinas gemeinsame Manöver durch. Diese sind in der Grösse und Komplexität über die Zeit stark gewachsen. Vergangenen Sommer übten 13 000 chinesische und russische Soldaten gemeinsam in der nordchinesischen Region Ningxia. Im Oktober führten dann die Marinen der beiden Länder vor der Pazifikküste Russlands Manöver durch.

Von einer Militärallianz zu sprechen, wäre dennoch verfehlt. Die beiden Länder haben kein Abkommen, das sie verpflichten würde, im Kriegsfall dem Partner militärisch beizustehen. Als weiteren grossen Unterschied zur Nato sehen Experten den Umstand, dass die Interoperabilität zwischen den russischen und den chinesischen Systemen und Truppen viel geringer ist als jene unter den Nato-Streitkräften.

Die enge Zusammenarbeit im militärischen und im Rüstungsbereich hat aber Auswirkungen auf die Handlungsfähigkeit der Streitkräfte beider Länder. Das Vertrauen ist immerhin so gross, dass sie es nicht für nötig halten, an der gemeinsamen Grenze grosse Verteidigungsdispositive aufrechtzuerhalten. Diese Truppen können andernorts eingesetzt werden.

Russland tat genau dies, als es zur Vorbereitung auf den Angriff auf die Ukraine Zehntausende von Soldaten mit ihren Waffen vom Fernen Osten abzog und nach Westen verfrachtete. Dass sich Russland an seiner Ostflanke sicher fühlen kann, ist ein stiller chinesischer Beitrag zum russischen Kriegseffort in der Ukraine. Der Nutzen davon dürfte grösser sein, als wenn Peking ein paar Waffen liefern würde.

https://www.nzz.ch/international/china-haelt-russland-im-ukraine-krieg-die-ostflanke-frei-nzz-ld.1674831

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