Drohneneinsatz in der Ukraine lässt US-Militär umdenken

5 Okt. 2024 07:00 Uhr

Anscheinend beeinflusst die Analyse der russischen und ukrainischen Kampferfahrungen während der militärischen Sonderoperation in der Ukraine das US-amerikanische militärische Denken stark. Was hat die Sonderoperation in diesem Sinne gezeigt – und wie versucht das US-Militär nun, Schritt zu halten?

Drohneneinsatz in der Ukraine lässt US-Militär umdenken
Symbolbild: Kriege der Zukunft.

Von Alexander Timochin

Die US-Armee beschäftigt sich aktiv mit den Erfahrungen beim Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge in der Ukraine und hat ein eigenes Programm zur Robotisierung der Truppen. Dieses Programm spiegelt die wichtigste Eigenschaft der US-Militärkultur wider – die Fähigkeit, aus den Fehlern und Erfahrungen anderer zu lernen.

Vor einiger Zeit zeigte eine Analyse der Programme zur Robotisierung der US-Armee, dass die USA bis zu einem gewissen Punkt in dieselbe Richtung tendierten wie einst ihre russischen Kollegen. Sie versuchten, die Armee mit komplexen und teuren Systemen zu überschwemmen, die a priori nicht in großen Mengen produziert werden können und zudem hochqualifiziertes und zahlreiches Personal erfordern.

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Der Ansatz der ukrainischen Streitkräfte ist einfach: Sie produzieren Millionen billiger und primitiver First-Person-View-Drohnen (FPV) für den Einsatz gegen gepanzerte Fahrzeuge und eine Menge nicht sehr komplexer „Flügel“ zur Steuerung dieser Drohnen. Ihre Infanterie begnügt sich zwar mit importierten, aber in Massenproduktion hergestellten chinesischen Mavic- und Autel-Drohnen. Erst später begann die russische Armee, die ukrainischen Streitkräfte in diesem Bereich einzuholen, und glich die Überlegenheit der ukrainischen Streitkräfte bei FPV-Drohnen mit Luftbomben und schweren Waffen aus.

Mittlerweile beherrschen FPV-Drohnen das Kampffeld. Die ukrainischen Streitkräfte setzen sie für ihre gesamte Armee ein. Auch Russland kämpft mithilfe von FPV, die den ukrainischen Streitkräften den größten Schaden zufügen.

Und während Russland über die Technologie verfügt, um wirksame Abwehrwaffen gegen dieses Angriffsmittel zu entwickeln, hat die Ukraine diese nicht. Radioelektronische Kampfmittel sind nicht immer hilfreich – beide Kriegsparteien finden neue Frequenzen zur Steuerung von Drohnen. Von russischer Seite wurden bereits Drohnen eingesetzt, die mit Glasfaserkabeln anstelle von Funksteuerung funktionieren. Die ähnlichen FPV-Drohnen deutscher Herstellung werden bis Ende des Jahres auch bei den ukrainischen Streitkräften zum Einsatz kommen. Beide Seiten experimentieren aktiv mit Zielsuchsystemen und automatischen, völlig autonomen Zielselektionssystemen. Im Prinzip ist das alles schon einsatzbereit.

FPV-Drohnen werden nie wieder vom Kampffeld verschwinden. Dabei kann eine Drohne, die weniger als 100.000 Rubel kostet, problemlos einen teuren Panzer zerstören.

FPV-Drohnen können direkt von den Truppen zusammengebaut werden. Es ist möglich, sie modular zu gestalten, sodass die Antennen bei Bedarf ausgetauscht werden können und die Zielsuchmodule direkt im Verlauf der Kampfhandlungen hinzugefügt oder entfernt werden können. Solche Arbeiten sind in den ukrainischen Streitkräften weitgehend organisiert. In unserer Armee sind sie in vielen Einheiten, in denen es Freiwillige mit technischer Ausbildung gibt oder die von zivilen Freiwilligen unterstützt werden, ebenfalls bereits im Gange, wenn auch nicht immer mit dem richtigen Maß an Zentralisierung und Standardisierung.

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Und genau das haben die USA lange Zeit unterschätzt. Sogar jetzt kann man viele Meinungen finden, dass FPV-Drohnen „Waffen der Armen“ sind. Schließlich hätten sie Langstrecken-Panzerabwehrraketensysteme mit TV- und Wärmebildsteuerung und einem Sprengkopf, der um ein Vielfaches stärker sei als FPV, und sie bräuchten so etwas nicht.

Im September dieses Jahres veröffentlichte das Erste Kommando für Spezialeinheiten (Luftlandeeinheit) in Fort Liberty, dem Zentrum aller Spezialeinheiten der US-Armee, ein höchst interessantes Dokument. Sein Inhalt zeigt, dass die US-Militärführung ihre konventionellen Ansätze aufgibt und nun die „kleine Robotisierung“ ihrer Truppen forciert.

Das Dokument trägt den Titel „Technische Aufgabenstellung für eine robotergestützte Spezialeinheit für ansatzlos integrierte Drohnenmontage innerhalb der Einheit„. Es besagt Folgendes: Im Frühjahr 2024 gründeten die Spezialeinheiten der US-Armee die „Robotereinheit für Spezialeinsätze“ – Special Operations Robotics Detachment, SORD.

Die Aufgabe von SORD besteht in der Ausführung von Aufgaben durch Maschinen, die früher von Menschen geleistet wurden.

Von Oyler erfahren wir, dass die SORD aus Piloten unbemannter Luftfahrzeuge (UAV), Wartungstechnikern, Geheimdienstanalysten, Fernmeldespezialisten und den Soldaten selbst besteht, die Militäraufgaben zwar mit der Waffe in der Hand, aber unterstützt von Drohnen ausführen. Die Integration von Drohnen und Soldaten erfolgt auf der engsten Ebene.

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Die vom Kommando der Spezialeinheiten der US-Armee herausgegebene technische Aufgabenstellung sieht vor, dass die SORD ihre eigene Produktion kleiner UAV innerhalb der Einheit einrichten soll. Beim Lesen dieser Aufgabenstellung wird sofort klar, dass es sich bei den UAV um FPV-Drohnen handelt. Deren Herstellung soll die Einheit im Rahmen der Ausbildung erlernen.

Die SORD der 5. Gruppe für Spezialeinsätze erhält entsprechende Auflistungen von Ausrüstungsgegenständen, Komponenten und sogar Drohnen, die zu erwerben sind. Dies ist notwendig, um sowohl die Herstellung und Entwicklung von Drohnen als auch deren Einsatz zu erlernen.

In den Auflistungen findet man viele FPV-Trainingsdrohnen verschiedener Typen sowie Bausätze mit Komponenten für den FPV-Testbau durch Militärs. Außerdem gibt es Messgeräte und Instrumente zur Untersuchung des Drohnenaufbaus und der Funktionsweise seiner Systeme sowie zur späteren Reparatur, Diagnose und Montage. Vorgesehen ist alles: Motoren für Testaufbauten, Propellersätze, Kameras und Verbrauchsmaterial, 3D-Drucker – wirklich alles. Sogar Lötzinn zum Löten und natürlich Lötstationen sind inbegriffen.

Ein Soldat, der mit einem Heft und einem Stift zu einem Lehrgang kommt, verlässt diesen als ausgebildeter FPV-Techniker- und Drohnenmonteur und kann sogar eine Drohne steuern.

Die 5. Gruppe für Spezialeinsätze muss unter Beweis stellen, aus Standardkomponenten FPV-Drohnen herzustellen, die an die aktuelle Aufgabenstellung und Umgebung angepasst sein sollen.

"Tödlichste Waffe für Flugabwehrsysteme": Was über Irans Hyperschallrakete Fattah-2 bekannt ist

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Das US-Beispiel wirft eine wichtige Frage auf – das Tempo der Adaption der heimischen Streitkräfte an neue Formen der Kriegsführung.

Die russische Armee steht im Hinblick auf den organisatorischen Wandel vor vielen Herausforderungen. Eine dieser Herausforderungen besteht darin, den Gegner bei der Analyse der Kampferfahrungen, bei der Vermittlung der notwendigen Schlussfolgerungen an die Streitkräfte und bei der Schnelligkeit der Truppenausbildung im Hinblick auf alles aus den Kampferfahrungen resultierende Neue zu übertreffen. Andernfalls könnten uns sehr unangenehme Überraschungen erwarten, wenn wir auf diejenigen treffen, die ordentlich gelernt haben.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 3. Oktober 2024 zuerst auf der Seite der Zeitung Wsgljad erschienen.

„Mögliche Revolution“: Militärs diskutieren die größte Neuerung im Zuge der Militäroperation

https://de.rt.com/international/221310-drohneneinsatz-in-ukraine-laesst-us-militaer-umdenken/

Wie ich zum Kämpfer für echte Demokratie wurde“

„Staatsfeind?“ ‒ Bewegende Berichte von Dissidenten in Deutschland

Von Felicitas Rabe

5 Okt. 2024

"Staatsfeind?" ‒ Bewegende Berichte von Dissidenten in Deutschland

Im Buch „Staatsfeind?“ erzählen ausgegrenzte Geisteswissenschaftler ihre Lebensgeschichten: wie sie, beeinflusst durch die Umstände ihres Lebens und der Zeitgeschichte, zu Dissidenten wurden.

Am Samstag veranstaltete der Philosophische Salon in Köln eine Lesung und Podiumsdiskussion mit den Autoren des druckfrischen Buches „Staatsfeind? ‒ Wie ich zum Kämpfer für echte Demokratie wurde“. Der Philosophische Salon wurde 2019 von der Kölnerin Sabine Marx in ihren Privaträumen gegründet. Seither veranstaltet sie regelmäßig Vorträge und Diskussionen unter dem Motto „Jede Meinung wird gehört“.

Tyrannei der "Guten" – Harakiri des Westens

Meinung

Tyrannei der „Guten“ – Harakiri des Westens

„Staatsfeind?“ ist das erste Buch, das die engagierte Veranstalterin herausgibt. Darin stellen die Autoren Ulrike Guérot, Patrik Baab, Michael Meyen, Werner Rügemer, Ullrich Mies, Gabriele Gysi, Werner Köhne, Hermann Ploppa und Dirk Pohlmann in mitreißenden Geschichten ihre persönliche und politische Entwicklung vor.

Was verbindet diese Autoren? Sie waren bis vor kurzem renommierte anerkannte Akademiker in der deutschen Gesellschaft. Ihre Expertise als Hochschullehrer, investigative Journalisten, Politikwissenschaftler, Künstler und Philosophen war in diesem Land gefragt. Aber nur bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie als Meinungsdissidenten aus der akademischen Mainstreamblase ausgeschlossen wurden. Wie es aus ihrer jeweiligen Biografie heraus zu den unterschiedlichen Perspektiven auf das Weltgeschehen kommen konnte, stellen sie in ihren Buchbeiträgen unterhaltsam und doch tiefgründig dar.

Wie ich mein Land verlor

Die Politikwissenschaftlerin Professor Dr. Ulrike Guérot schreibt zum Thema „Wie ich mein Land verlor“: „Wenn ich Dissidentin bin, dann nur, weil Du (Bundesrepublik) zuvor Häretikerin geworden bist und alles verraten hast, was uns einmal lieb und teuer war: Die Meinungsfreiheit, die Wissenschaftsfreiheit, das Recht auf den eigenen Körper, die Wohnung und die Privatsphäre, das Versammlungsrecht, die Friedenspflicht und vieles andere mehr.“ Man konnte erleben, so die Geisteswissenschaftlerin, „wie sich eine windende und winselnde Bundesrepublik beschämt und mit gesenkten Augen ihren eigenen Übergang in die ’simulative‘ Demokratie orchestrierte“.

Assange: "Ich bin frei, weil ich mich des Journalismus für schuldig bekannte"

Assange: „Ich bin frei, weil ich mich des Journalismus für schuldig bekannte“

Der Journalist Patrik Baab, früher ein vom Mainstream nachgefragter Reporter, verlor wegen seiner Recherchen im Donbass seine Lehraufträge an Universitäten. Nun beschreibt er seine Zunft „als Lohnschreiber, die sich vor den Machteliten ausrichten, wie Metallspäne vor einem Magneten“. Rundfunkanstalten würden zurückfallen in die Rolle von mittelalterlichen Ausrufen, die die Entscheidungen des Fürsten verkündeten. Es handele sich um eine „Refeudalisierung der Öffentlichkeit“. Beim Journalismus ginge es nicht mehr um Fakten. Baab fasst zusammen: „Wir sind angekommen im postfaktischen Journalismus.“

Die Schauspielerin Gabriele Gysi richtet ihren Blick auf die Kriege und konstatiert ein Schweigen über die damit verbundene Menschenverachtung. Dabei meint sie nicht nur die militärischen Kämpfe in der Ukraine und im Nahen Osten. Mit dem Bestreiten der natürlichen Geschlechterunterschiede installiere man in jedem einzelnen Menschen den Krieg mit sich selbst.

Wie der Zeitgeist die Menschen beherrscht

Den Zeitgeist und was dieser mit den Menschen macht, beschreibt der Philosoph Dr. Werner Köhne so zutreffend, dass man als Leser auf einmal den eigenen Zustand fühlen und verstehen kann: „Wir werden in eine hektische und gleichsam uns lähmende Befindlichkeit hineingezogen. Gerade in diesen Krisenzeiten, in denen geradezu beliebig schnell herbeigeredete Konfrontationen mit dem Feind, seien es nun Viren, Russen, Schwurbler oder Rechte, eine Kultur der Reflexe befeuern, wird das absurde Existenzmuster eines ‚rasenden Stillstands‘ eingeübt.“

Der Medienwissenschaftler Professor Dr. Michael Meyen glaubt lange, „das bessere Argument würde sich durchsetzen“. Der als Professor Dr. Kokolores in der Presse verbrämte Dissident zeigt auch Mitgefühl für die Mehrheit der angepassten Mitmenschen: „Nichts fürchten wir mehr als den Ausschluss aus der Gruppe. Die meisten sind dafür bereit, ihren eigenen Augen und Ohren zu misstrauen und nachzuplappern, was die Mehrheit denkt. Anhand ihrer Lebensgeschichte erklären die Politikwissenschaftler und Publizisten Ullrich Mies, Hermann Ploppa und Dirk Pohlmann, warum sie zu Widerständlern und Eigendenkern wurden. Dabei reflektieren sie bedeutsame politische Ereignisse, die sie auf ihrem Werdegang beeinflussten, und rekonstruieren Augenblicke des Widerstands in der Geschichte der Bundesrepublik.

„Verhängnisvolle Freundschaft: Wie die USA Europa eroberten“

Wie entsteht ein eigener Blick auf die Welt?

Der Sozialphilosoph Dr. Werner Rügemer unterbricht seinen politischen und persönlichen Rückblick mit kurzen Episoden über Gespräche, die sein siebenjähriger Enkel Jonas und er über das Leben führen. Im Kontext dieses Buches nimmt der Enkel Jonas uns dabei mit zu den Anfängen unseres eigenen Denkens und wie man einen Blick auf die Welt entwickelt.

Durch den Blick der anderen auf sich selbst eröffnet sich dem Leser gleichsam auch ein Blick auf die eigene Entwicklung. Wie haben mich mein persönliches Umfeld und die politischen Umstände dahin gebracht, wo ich jetzt gelandet bin, fragt man sich unwillkürlich beim Zuhören oder Lesen der Texte. Was führt dazu, dass manche Menschen so viel riskieren, indem sie sich gegen die Denkvorgaben der herrschenden Meinung stellen? Was bedeutet selbstständiges Denken, und in welchem Lebensalter hat man damit angefangen? Kann ein soziales Wesen wie der Mensch überhaupt unabhängig denken, oder geht es eher darum, sich bewusst zu machen, wie die „eigenen Gedanken“ zustande gekommen sind? In der Diskussion stellte Gabriele Gysi fest:

„Wir Menschen werden das Denken nicht aufgeben, da können sie sich noch so anstrengen.“

 Glaubt denn wirklich noch jemand, dass es auf der Welt Demokratie gibt?

https://de.rt.com/gesellschaft/221136-staatsfeind-bewegende-berichte-von-dissidenten/

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