IWF stellt „absolut positives“ Wachstum der russischen Wirtschaft fest: Anzeichen für Überhitzung
14 Feb. 2024 20:22 Uhr
Russlands Wirtschaft überrascht Finanzexperten mit ihrer Robustheit. Dass es dem eurasischen Land trotz der umfangreichen Sanktionen infolge des Ukraine-Krieges besser als erwartet geht, stellt auch der IWF fest. Die Organisation sieht sogar Anzeichen für eine Überhitzung.
Gita Gopinath, die Erste Stellvertretende Geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), hat in einem Interview für das US-Magazin Foreign Policy der russischen Wirtschaft ein ziemlich gutes Attest ausgestellt. Trotz des westlichen Sanktionsdrucks seien die Exporteinnahmen des eurasischen Landes im Jahr 2023 auf einem guten Niveau geblieben, räumte die Ökonomin ein. Die Wirtschaft sei zuletzt stärker als erwartet gewachsen.
Dabei verwies die indisch-US-amerikanische Expertin darauf, dass der IWF die Prognosen in Bezug auf das Wachstum der russischen Wirtschaft im Laufe des vergangenen Jahres mehrmals nach oben korrigiert hatte. Die Organisation war für ihren Optimismus sogar kritisiert worden. Gopinath betonte mit Blick auf die Situation in Russland:
„Wir befinden uns in einem absolut positiven Wachstumsbereich, der besser als von uns erwartet ausgefallen ist.“
Gleichzeitig warnte die IWF-Vize, dass Russlands Wirtschaft inzwischen Anzeichen für eine Überhitzung aufweise. Gopinath setzte dies mit hohen Haushaltsausgaben im Militärbereich in Verbindung. Dabei würden die steigenden Ausgaben für die Sozialleistungen das Haushaltsdefizit nur vergrößern und die Inflation weiter nach oben treiben. Unter diesen Umständen seien die mittelfristigen Perspektiven nach wie vor „ziemlich ungewiss“.
„Sicher ist aber, dass Russland es auch trotz des Sanktionsdrucks geschafft hat, große Mengen an Erdöl zu exportieren. Deswegen hat es viel gewonnen, was seine Exporteinkommen betrifft.“
Zuvor hatte Russlands Statistikamt Rosstat eine vorläufige Bilanz des Jahres 2023 gezogen. Demnach stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 3,6 Prozent. Dies war sogar höher als die Kennwerte in der EU oder den USA. Die russischen Behörden sagten für das laufende Jahr ein Wachstum von mindestens 2,3 Prozent. Dem IWF zufolge sollte es sogar drei Zehntel mehr aufweisen.
Rund 80 Prozent der westlichen Unternehmen verbleiben im Land
15 Feb. 2024 08:15 Uhr
Nur ein Fünftel der großen amerikanischen und europäischen Unternehmen, die im Land tätig sind, haben sich zurückgezogen, erklärte der stellvertretende Ministerpräsident Denis Manturow. Die übrigen bauten ihr Engagement sogar weiter aus.
Nur 20 Prozent der großen Unternehmen aus Europa und 19 Prozent aus den USA haben aufgrund des Drucks westlicher Sanktionen Russland verlassen, enthüllte der stellvertretende russische Premierminister Denis Manturow.
Viele der Firmen, die in Russland geblieben sind, bauen nach Manturow, der auch Handels- und Industrieminister ist, ihre Investitionen weiter aus.
„Diese Zahl stammt von der Vereinigung der europäischen Unternehmen. Von den 500 großen europäischen Firmen – ich berücksichtige keine, die weniger als eine halbe Milliarde Rubel jährlich umsetzen – sind nur 100 bisher offiziell abgezogen, das sind 20 Prozent“, sagte der Minister am Mittwoch beim Besuch des Ausstellungsforums „Russland“ in Moskau.
Der stellvertretende Premierminister betonte zudem, dass 66 von den 350 großen amerikanischen Unternehmen (etwa 19 Prozent) Russland verlassen hätten. „Das legt nahe, dass unser Markt und unser Potenzial interessant ist, insbesondere, wenn man die Kosten der Energierohstoffe berücksichtigt. Sie sehen, was in Europa passiert, wo die Firmen schrittweise schrumpfen“, sagte Manturow.
Die russische Regierung werde weiter ausländische Investitionen anziehen und wird die nötigen Bedingungen sowohl für ausländische Spezialisten als auch für Investoren und Geschäftsleute schaffen, meinte Manturow.
„Das gilt sowohl für freundliche als auch für unfreundliche Länder. Wir sind immer offen für vernünftige Gespräche und Investoren.“
Der russische Präsident Wladimir Putin bestätigte jüngst, dass der Markt offen und wettbewerbsfähig bleiben wird, trotz der westlichen Versuche, ihn zu isolieren. Er sagte, dass die westlichen Rückzüge für die heimischen Unternehmen vorteilhaft gewesen seien, die die Betriebe „sofort übernommen haben.“ Russland habe genug Talente wie auch qualifizierte Arbeitskräfte und Manager, um „sicherzustellen, dass alles rund läuft“, sagte der Präsident.
Ausländische Unternehmen, die Russland verließen, haben Reuters zufolge mehr als 100 Milliarden Euro an Strafen und entgangenen Profiten verloren. Das Ausmaß der Verluste derjenigen, die das Land verlassen wollen, wird nur noch zunehmen, warnt die Nachrichtenagentur.
Beim Verlassen des russischen Marktes haben westliche Unternehmen mehr als 100 Milliarden Euro an Strafen und Gewinneinbußen hinnehmen müssen. Das berichtet die US-Nachrichtenagentur Reuters, die einen entsprechenden Bericht vorbereitet hat. Laut den Angaben der Agentur steht dieses Schadensvolumen im Zusammenhang mit den entgangenen Einnahmen und der Abschreibung russischer Aktiva in den Unternehmensbilanzen. Die neuen Daten, so Reuters, zeigen das Ausmaß der finanziellen Verluste des globalen Unternehmenssektors nach dem Februar 2022.
Angesichts der verschärften Sanktionen werden jedoch Unternehmen, die Russland noch verlassen wollen, nach Ansicht von Ian Massey, Experte bei der globalen Risikoberatung S-RM, „mit weiteren Schwierigkeiten konfrontiert und gezwungen sein, weitere Abschreibungen und Verluste hinzunehmen„.
Die Verluste ausländischer Unternehmen durch den Rückzug aus dem russischen Markt sind seit den letzten Berechnungen, die die Agentur im August des Jahres 2023 veröffentlicht hatte, um ein Drittel gestiegen, so Reuters weiter.